Als ich mir am Anfang des Jahres ein Wort aussuchte, das dieses repräsentieren soll, kam sofort "Klarheit". Es war nun eine Weile her, seit ich meinen Job gekündigt und mich selbstständig gemacht hatte und ich spürte intuitiv, dass nach einer längeren Phase des Ausprobierens nun endlich die Zeit reif war mir klar darüber zu werden, wohin mich mein Weg beruflich führen soll. Manchmal weiss man gar nicht, worauf man sich einlässt, wenn man sich etwas wünscht. Denn mein Jahr startete alles andere als klar. Wie ich bereits in einem Beitrag vor ein paar Monaten geschrieben habe, fielen zuerst einmal mehrere Projekte ins Wasser und ich fand mich vor einem leeren Terminkalender wieder. Die Leere auszuhalten, vor allem, wenn man selbstständig ist und auch finanziell von diversen Projekten abhängig, ist nicht ganz einfach. Und so ging ich, wie ich es immer tue, wenn ich nicht weiter weiss, in den Wald, um die Bäume um Rat zu fragen. Wieder einmal fragte ich sie: "Was ist der grössere Sinn dahinter? Was soll ich nun erschaffen?" Doch dieses Mal waren es nicht die Bäume, die mir antworteten, sondern eine alte Bekannte. Jemand, den ich mir schon seit einiger Zeit in die Realität träumte. Jemand, der schon seit mehreren Monaten immer wieder anklopfte, um zu schauen, ob ich nun bereit sei. Jemand, der sich grösser als alles anfühlte und den ich immer wieder abwies, weil ich nicht wusste, ob ich ihr gerecht werden konnte.
Es war mein Buch, das mir antwortete. Und es sagte mit einer solchen Bestimmtheit: "Silvana, wenn du mir nicht endlich den Platz gibst, den ich verdiene, dann schaffe ich mir den Platz selbst und all deine Projekte werden nicht stattfinden können, bis du mich zu schreiben beginnst. Du kannst nun selbst wählen: entweder gibst du mir den Raum und die Zeit freiwillig oder ich nehme mir sie."
Ich musste mich erst mal setzen, denn die Antwort war so klar, dass sie mir kurz den Atem raubte.
Wenn du diesen Blog liest, dann weisst du, dass ich gerne schreibe, über mein Leben, über die Natur. Was du aber vielleicht nicht weisst, ist, dass mir dieser Blog gezeigt hat, dass das Schreiben mich wahnsinnig erfüllt, dass ich gemerkt habe, dass ich eine Geschichte zu erzählen habe und diese gerne in schöne Worte fasse. Bereits einmal habe ich versucht, mein Buch zu schreiben, aber damals steckte ich noch mittendrin in der Geschichte, von der ich wusste, dass sie einmal mein erstes Buch werden würde. Also legte ich Stift und Papier wieder auf die Seite und wartete auf den richtigen Zeitpunkt, der natürlich nie kam, denn den perfekten Zeitpunkt gibt es nicht.
Nun aber spürte ich, dass wirklich kein Weg mehr daran vorbei führte und ich fragte mich, warum ich eigentlich so lange gewartet habe? Ich denke, ich hatte Angst. Angst, meiner Geschichte nicht gerecht zu werden. Angst, dass ich das Buch doch nicht schreiben konnte so, wie ich mir das vorstellte. Angst, meine Geschichte und somit auch mich voll und ganz zu zeigen. Angst, die Geschichte könnte nur mich interessieren und niemanden sonst. Die Angst und ich, wir sind alte Kommilitonen, und wenn ich etwas gelernt habe über die Jahre, dann dass sie keine gute Beraterin ist. Ich höre sie, aber ich versuche nicht mehr auf sie zu hören. Mein Buch wollte endlich geschrieben werden und es war mir eigentlich egal, ob es jemals veröffentlicht werden würde, denn ich wollte es für mich schreiben und der Geschichte wegen.
Also machte ich einen Plan: ich wollte dem Schreiben dieses Buches wirklich Platz geben. Die ersten Stunden jedes Morgens hielt ich dafür frei, keine Ablenkungen, nur ich und das Buch. Ich spürte die Entschlossenheit und was dann geschah, war magisch. Ich schrieb das Buch innerhalb eines Monats. Oder besser gesagt, das Buch schrieb sich selbst, denn beim Schreiben überkam mich das Gefühl, als ob alles schon da war und ich lediglich meiner Intuition folgen musste. Ich schrieb und schrieb, ein Kapitel nach dem anderen. Ganz organisch fügte sich die Geschichte zusammen. Und nicht nur das, ich erlebte meine eigene Geschichte nochmals. Ich durfte nochmals die Liebe spüren, die so präsent war, nachdem meine beste Freundin gestorben ist, ich durfte nochmals nach Griechenland zu den Schildkröten reisen, ich durfte nochmals den Gefühlsprozess meines Wegzugs aus der Stadt erleben. Und natürlich spürte ich auch nochmals all den Schmerz dieser Zeit, die bodenlose Trauer, das Gefühlschaos, die Unsicherheit. Die Zeit schien völlig andere Formen anzunehmen. Das Jetzt vermischte sich mit dem Gestern und jegliche Linearität der Zeit verschwand.
Und während ich schrieb, begannen sich plötzlich auch die anderen Dinge in meinem Leben zu fügen. Sorgen, die ich noch vor kurzem hatte, verschwanden, obwohl sich im Aussen eigentlich gar nichts veränderte. Aber allen voran trat die Klarheit in mein Leben, die Klarheit, die ich mir am Anfang des Jahres gewünscht hatte. Ich spürte, dass ich wirklich gerne schrieb und dass ich nun auf dem Blog, meinen Natur-Inspirationen auf Instagram und auf diesem Buch aufbauen konnte. Ich spürte aber auch, dass das Yoga, die Retreats und die Rituale, die ich im vergangenen Jahr begonnen hatte, mir unglaublich viel Freude machten und dass ich auch diese ausbauen wollte. Mein Weg bekam durchs Schreiben meines Buches plötzlich eine bestimmtere Richtung, so dass auch mein Fokus zielgerichteter wurde. Das alles ist ein innerliches Gefühl, das sich im Aussen erst gerade zu manifestieren beginnt. Es sind immer noch viele Fragen da, viele Unklarheiten, aber dadurch, dass ich klarer bin und besser weiss, was ich wirklich will, kann ich bei jeder Kreuzung, jedem Hindernis, besser entscheiden, wohin es geht.
Mein Buch ist geschrieben, überarbeitet und gefühlte tausend Mal durchgelesen. Der nächste Schritt ist klar: ich suche einen Verlag, denn ich weiss, dass diese Geschichte grösser ist als ich und dass sie geschrieben werden wollte, um in die Welt geschickt zu werden. Dieser Schritt fühlt sich gross an und ja, auch die Angst ist wieder da, denn es ist meine Geschichte, persönlich und intim, die bald in den Händen von Fremden liegen wird. Ob ich einen Verlag finde, ob die Geschichte anklingt, ob sich alles so gestaltet, wie ich mir das erhoffe, wird sich noch zeigen. Was sich aber bereits gezeigt hat: dieses Buch wollte mit einer solchen Kraft geschrieben werden, weil es mich ganz viel lehren wollte. Weil es mich weiterbrachte und weil es die Klarheit in mein Leben liess.